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Inklusive Einschulung von Anton

(Alle Namen wurden geändert)

Liebe Freunde und Bekannte,
am 3. April dieses Jahr habe ich eine Mail verschickt, die zum primären Ziel hatte, innerhalb von 4 Tagen so viele Unterschriften zu sammeln wie möglich, um die inklusive Einschulung von Anton in der Schule seines Viertels in Tübingen zu unterstützen.

Vielen Dank an Euch für die vielen Stimmen, die zusammen gekommen sind. Es waren insgesamt über 300 – einfach toll!

Als erstes die gute Nachricht: das Schulamt hat den inklusiven Weg in der von den Eltern gewünschten Schule doch und gegen jede Prognose zugestimmt. An dieser Stelle ein herzlichen Glückwunsch an die Eltern, Ihre Hartnäckigkeit hat sich bezahlt gemacht. Und auch ein großes Lob an das Schulamt, es war eine sehr positive Überraschung und zeigt den Wille und die Offenheit des Schulamts Tübingen in Sachen Inklusion.

Ich bin selber überglücklich mit dem Ergebnis, denn mir ist dieser Fall sehr nah gegangen, und zwar nicht aus Prinzip, sondern eher aus persönlicher Betroffenheit: aufgrund meiner persönlichen Beziehung zu der Familie, weil wir uns lange kennen und weil wir einen großen Teil des Weges Richtung Inklusive Beschulung gemacht haben. Und zwar den unsichtbaren Weg, der sehr früh und mit großen Fragezeichen anfängt, und begleitet von dem Wissen wird, dass die Umsetzung von Inklusion noch keine Selbstverständlichkeit ist. Dass Politik, Behörden und Menschen noch einen langen weg vor sich haben, bis unsere Gesellschaft sich einigermaßen inklusiv nennen kann. Mir war sicherlich der Fall auch so wichtig, weil ich diesen Weg für Mikel nicht weitergehen konnte, und das mich einerseits entlastet, andererseits frustriert hat. Schöner wäre es gewesen, wenn die Selbsverständlichkeit da wäre, dass Mikel in die Schule gegenüber geht, aber die notwendigen Voraussetzungen sind heutzutage einfach noch nicht gegeben.

Nach der Enttäuschung am Tag der Anmeldung von Anton organisierten die Eltern eine Unterschriftenaktion, die ich dann mit meiner Mail am 3. April unbedingt  unterstützen wollte: „Wenigstens für Anton muss es doch mit ‚richtiger‘ Inklusion klappen!“ – so mein Gedanke. Das ganze unter Zeitdruck, denn es war nicht mehr lange bis zum Runden Tisch zwischen Familie und Schulamt. So flossen Enttäuschung, Empörung, Frust und Wut über die aktuellen Umstände rund um Inklusion und konkret rund um diesen Fall in meiner Mail, was zu einem sehr harten Angriff auf Herrn Müller wurde (Rektor unserer Schule), den Herr Müller so definitiv nicht verdient hat. Mit dieser Mail möchte ich mich aufrecht und in aller Öffentlichkeit für den sehr scharfen Ton meiner Mail bei Herrn Müller entschuldigen. Herr Müller wird als Mensch und Rektor unserer Schule sehr geschätzt, und das soll erhalten bleiben. Auch bei den Menschen, welchen die überspitzte Formulierungen in meiner Mail so sehr betroffen hat, dass sie ihre Meinung über Herr Müller zum Negativen geändert haben sollen, möchte ich mich hier ebenso entschuldigen. Das war definitiv nicht das Ziel und auch nicht die Absicht meiner Nachricht. (Die Mail ist ganz unten zu sehen)

Herr Müller und ich haben uns vor einigen Tagen ausgesprochen in einem harten aber sehr ehrlichen Gespräch. Es gab Einsicht und Bedauern von beiden Seiten, jeder von uns hat Fehler offen gestanden und wir haben uns gegenseitig entschuldigt. Und natürlich haben wir auch über Inklusion generell unterhalten und unsere Ansichten ausgetauscht.
Nun, wie habe ich es denn mit meiner Mail gemeint? Das möchte ich als nächstes darstellen.

Mit meiner Mail hatte ich hauptsächlich 2 Ziele:
1- Unterschriften für den Fall „Anton“ sammeln
2- Das öffenliche Bewusstsein dafür wecken, dass es mit Inklusion nicht so einfach läuft, und obwohl geregelt durch Gesetze, weder die Mittel noch die entsprechende Einstellung der Menschen, die es Umsetzen müssen, noch lange nicht ausreicht.

Was braucht die Gesellschaft, um inklusiv zu werden?
1- Gesetze, die regeln –> Politische Ebene
2- Menschen, die umsetzen –> Menschliche, emotionale Ebene

Manche denken, dass Nr. 1 eher am Wichtigsten ist. Andere denken, Nr. 2 ist viel wichtiger. Ohne auf Nr. 1 verzichten zu wollen, gehöre ich zur zweiten Gruppe. Denn:

  • Gesetze bewirken gar nichts, wenn die Menschen nicht überzeugt mitgehen und nicht offen dafür sind, neue Wege zu beschreiten. Die Umsetzung bleibt aus oder wird „mager“.
  • Menschenwille braucht wiederum keine Gesetze, um Willen in Taten umzusetzen, allerdings kann nur mit Wille und Offenheit keine langfristige Lösung aufrechterhalten werden: ohne Gesetze und Ressourcen, gehen Wille und Offenheit irgendwann aus Erschöpfung unter.

Es gibt einen offiziellen Verlauf in Tübingen, um ein Kind inklusiv einzuschulen. Zusammengefasst:

  • Das Schulamt entscheidet, wo und mit welcher Unterstützung das Kind eingeschult wird.
  • Es geht mit einem Antrag in Januar los.Erst in April/Mai erfahren die Eltern, wie das Schulamt entschieden hat, 4 Monate vor Einschulung.
  • Bevorzugen die Eltern eine andere Lösung (z.B. eine Inklusion in der Schule ihrer Nähe), gehen Eltern und Schulamt in Verhandlung. Falls beide auf ihre Position beharren, geht es Richtung Widerspruch beim Regierungspräsidium, und wenn das auch nicht klappt, geht es Richtung Gericht.


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Das Schulamt in Tübingen versucht, Schwerpunktgruppen zu Bilden und diese in bestimmten Schulen unterzubringen. Dabei versuchen sie, Ressourcen zu binden, um diese effizient einzusetzen. Anders gesagt: Sie kreieren neue, größere Schubladen, die für die meisten Familien eine ganz gute Lösung darstellen, z.B. für uns. Ein ganz guter Ansatz, nur dass es nach wie vor Fälle gibt, die auch nicht in diese neuen Schubladen passen. Schulen und Schulamt sind miteinander in Dialog, aber das Schulamt entscheidet letztendlich, wie ein Kind mit Förderbedarf eingeschult wird und mit welcher sonderpädagogischen Unterstützung, nicht die Eltern, so gibt das das aktuelle Gesetz vor.

Der offizielle Weg sieht meiner Ansicht nach nicht vor, dass Eltern und Schulen groß miteinander sprechen, bevor die Entscheidung gefallen ist. 

Wie erleben das die Eltern?

Wenn Schulamt und Eltern sich nicht einigen können, müssen diese Fälle sich die Inklusion über den rechtlichen Weg erkämpfen, und zwar in sehr kurzer Zeit. Der Druck und die Unsicherheit bei den Eltern ist groß.

  • Eltern fangen spätestens 1 Jahr vor Einschulung an, sich stark Gedanken über die Einschulung ihres Kindes zu machen. Möglicherweise wird das Kind zurückgestellt, das schenkt dem Kind ein weiteres Jahr in der Kita, und uns Eltern noch ein Jahr im Gedankenkarrusell
  • Wenn man den Inklusions-Ratgebern glaubt, wird aus Erfahrung dringend empfohlen, bereits mindestens 1 Jahr vor der tatsächlichen Einschulung auf die gewünschte Schule bzw. auf Schulsuche zu gehen. Das bedeutet: Kontakt mit dem Menschen, die die Inklusion des Kindes umsetzen müssen: Gegenseitiges Kennenlernen, Kind vorstellen, Vorstellungen über konkrete Inklusionsumsetzung austauschen, Informationen und Ideen sammeln/teilen,… nicht selten haben die Eltern mittlerweile um einiges mehr Ahnung über Inklusion als die Schule und sie sind sowieso die Experten für das Kind. Ein Wissen, dass die Schule für die Inklusion des Kindes gut gebrauchen kann.

Die Familien nehmen dafür als Anlaufstelle den Schulrektor, mit der Erwartungshaltung, sich mit ihm „außerbehördlich“ zu unterhalten, die Schule für den Inklusionsfall zu gewinnen und -so die Hoffnung- sich sogar eine aktive Unterstützung der Schule für Verhandlungen mit dem Schulamt einzuholen. 

Herr Müller ist hat sich nie explizit geweigert, mit uns zu sprechen, er hat uns aber leider auch nicht mit der Offenheit und Sensibilität empfangen, die wir uns gewünscht hätten. Zweimal innerhalb von 1,5 Jahren haben ich und eine andere Mutter nach einem Elternabend in der Schule eine erste Kontaktaufnahme mit Herrn Müller versucht. Wenn uns diese Kontaktaufnahme gelungen hätte, hätten wir mit Herrn Müller über die Möglichkeit sprechen wollen, eine Inklusionsgruppe in der Schule auf die Beine zu stellen. Denn 2 Kinder hatten wir schon, ein drittes war im Gespräch, und mit 4 Kinder hätte man Budget genug, um einen Sonderpädagogen zu 100% zu bekommen, so waren unsere Informationen (Über die Gruppenbilungsstrategien des Schulamts wussten wir noch gar nichts).

Zu einem solchen Gespräch kam es aber leider gar nicht. Beide male ist der Kontaktaufnahmeversuch sozusagen in die Hose gegangen. Wir haben uns regelrecht abgelehnt gefühlt, als stünden wir vor geschlossenen Türen. Die kurzen Unterhaltungen liefen so unschön, dass nicht mal der Vorschlag kam, einen Termin zu vereinbaren, um das Thema in aller Ruhe zu besprechen. Übrigens von keiner der beiden Seiten, wir waren einfach sehr aufgebracht,… so menschelt es manchmal 🙂 

Auf weitere Details muss man nicht eingehen. Wichtig ist, dass Herr Müller und ich darüber gesprochen haben, es gut klären konnten und ich denke, dass Herr Müller in zukünftigen ähnlichen Situationen anderes agieren wird. Von meiner Seite kann ich sagen, dass in Zukunft fest versuchen werde, einen kühlen Kopf zu bewahren, sowohl bei Kontaktaufnahmen, als auch beim Mails schreiben.

Es gibt viele Gründe, die für Inklusion sprechen. Die Gründe dagegen, sind in meinen Augen meistens jedoch keine echte Gründe, sondern Hindernisse, die es zu bewältigen gilt. Es geht aber auch sehr oft um Prioritäten auf politischer Ebene, die sehr oft mit Geld zu tun haben. Die Veränderungen für Inklusion in der Gesellschaft gehen sehr tief, gesetzlich wie menschlich, und werden nicht von heute auf morgen und auch nicht von heute auf 10 Jahren zu 100% erfolgen. Ich sehe da aber keinen Grund, sich nicht mit Offenheit auf dem Weg zu machen, auch wenn die Voraussetzungen noch nicht perfekt sind, denn wir erziehen unsere Kinder auch von Tag zu Tag, obwohl wir wissen, dass die Kindererziehung viele Jahre dauert und die Bedingungen auch nicht immer optimal sind. 

Ich danke Euch allen für das Lesen meiner langen Mails!

Yolanda Cubas

Ursprüngliche Mail

On Wed, Apr 3, 2019 at 12:27 PM Yolanda Cubas <yolanda.cubas@gmail.com> wrote:

Hallo Leute,

Letzten Freitag war endlich Anmeldung für die Einschulung 2019. Der Rektor unserer Schule im Viertel verweigerte die Aufnahme von Anton in die Schule. Aus dem Schubladenprinzip, aufgrund seiner Behinderung und ohne darüber sprechen wollen, ohne zu wissen oder sich erkundigen wollen, ob und was für eine Unterstützung er bräuchte und ihm auch zustehen würde. 

Obwohl die Rechtlage klar ist, ist mit der Inklusion heute leider so, dass die Menschen, die es umsetzen müssen, Widerstand leisten. Im Falle von Anton kommt dieser Widerstand wie eine Blockierung an, ein „Stop, Du gehörst nicht hierher, außer Dich begleitet ein Sonderpädagoge zu 100% und die Schule sonst nicht viel damit zu tun hat, denn wir sind nicht darauf ausgebildet und ich an meine Lehrer denken muss“. Lapidar, ohne sich an einem Tisch mit den Beteiligten sich hinsetzen zu wollen, um konstruktiv darüber zu reden, wie eine Inklusion für Anton aussehen könnte, was er tatsächlich braucht. Die Geduld, Nerven und Kraft der Eltern werden auf Probe gestellt. Es wird ein Spiel auf Zeit und Ausdauer.

Uns fehlt die Kraft, uns unter so schlechten Ausgangsbedingungen auf einen solchen Kampf einzulassen. Außerdem ist unsere Schule eine große Schule, in der Mikel sicherlich überfordert wäre. Dazu braucht er noch viel intensive Betreuung. Wir haben uns daher vor einigen Wochen Monaten für eine andere Form der Beschulung für Mikel entschieden: in eine kleine Schule, wo Kinder mit Förderbedarf willkommden sind und viel Erfahrung damit vorhanden ist. Es handelt sich um eine langjährige Kooperation zwischen der Sonderschule und eine Grundschule. Wichtig war es uns, dass Mikel in Kontakt mit Kindern  mit und ohne Behinderung in seinem Alltag bleibt. Darum wollen wir ihn nicht in die Sonderschule schicken. Im Kauf müssen wir nehmen, dass Mikel in ein anderes Viertel eingeschult wird, offiziell ein Schüler der Sonderschule sein wird und daher unter anderen an den AGs der Schule nicht teilnehmen darf oder keinen Tag Nachmittagschule hat (das ist nicht unbedingt schlecht :-). Und selbst diese Lösung ist noch nicht entschieden, denn es ist noch unklar, wie soll es mit dem Wickeln gehen oder wer die Betreuung von Mikel außerhalb der schulischen Stunden z.B. beim Mittagessen mit seinen Mitschülern übernimmt, denn die Kooperation endet vielleicht um 12.15 mit dem Unterricht…

Wie auch immer, es geht um Anton, um bei ihm soll es anders sein: Inklusiv eben, worauf er auch einen Rechtanspruch hat. Anton bringt ganz andere Voraussetzungen als Mikel: er spricht sehr gut 2 Sprachen, hat ein ausgeprägtes Sozialleben mit seinen Freunden der Kita und Viertel und ist sehr selbständig: er geht oder fährt seit Monaten allein von daheim in die Kita! Das sind ca. 300 m über mehrere Strassen inkl. Ampeln; er zieht sich schon lange an und aus selbständig, braucht keine Hilfe beim Essen und hat keine pflegerische Aufwände. Darüber hinaus ist er sich schon sehr lange sehr bewusst über die Schule und freut sich, mit seinen Freunden der Kita in die Schule zu gehen, wo auch seine Geschwister hingegangen sind. Es sind beste Voraussetzungen, damit unsere Schule sich in sanfster Weise Richtung Inklusion bewegt 🙂

Daher leite ich Euch die Mail von Anton Elterns weiter und hoffe, dass ihr das Formular ausfüllt (es sind 2 Fragen)

Gerne könnt ihr diese Mail an weitere Menschen weiterleiten.

Gruss, Yolanda

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Bericht einer Kur-tastrophe

Wir waren auf Kur, hatten uns davor sehr gefreut. Aber es war anders als erwartet.

Wir sind eine 4-köpfige Familie: Papa, Mama, Mateo (7,5) und Mikel (5). Mikel hat das Down Syndrom. Aufgrund von Stress in deoffenen letzten Jahren hatten wir entschieden, eine Kur in Begleitung der Kinder zu machen. So sprachen wir mit verschiedenen Ärtzten und mit unseren Krankenkassen (Mama TK und Papa AOK), sowie mit der Kurklinik, die wir bereits im Internet ausgesucht hatten. Ausschlaggebend für die Auswahl war das Wort „Paargespräche“, denn wir wollten vor allem was für uns als Paar machen. Sowohl seitens der Krankenkassen als auch der Klinikverwaltung wurde uns empfohlen, 2 Eltern-Kind Kuren anstatt eine Familienkur zu beantragen. So taten wir das auch. Die Kinder sollten als gesunde Begleitpersonen mit dabei sein. Beide Kinder sind bei Mama versichert. Mateo wurde zu Mama und Mikel zu Papa bei der Beantragung der Kuren zugeteilt. Die Kuren wurden genehmigt, und wir haben uns sehr darauf gefreut.

Wem es zu viel zum lesen es , darf gerne direkt zum Fazit unten. 

4 Wochen vor Kurenstart.

Ich habe bei der Klinik angerufen, was bezüglich Mateo zu beachten ist, denn er ist ein Schulkind. Nebenbei fragte ich bezüglich Mikel, denn er hat Trisomie-21 und ich hätte erwartet, dass hierfür Fragen aufkommen würden.

„Wie? Ihr Kind hat Trisomie-21? “ – große Überraschung seitens der Dame der Verwaltung.

„Wie? Sie wissen das nicht?“ – große Überraschung mienerseits.

Dann wurde es absurd: Wir sollen so schnell wie möglich einen ärtzlichen Attest schicken.

Mama: „Wozu denn? Er hat Trisomie-21. Das kann ich Ihnen sagen und -wenn Sie wollen- schriftlich geben. Dazu braucht man keinen medizinischen Attest. Interessant sind eventuelle Einschränkungen im Alltag als Info für die Kinderbetreuung. Aber medizinisch zu attestieren ist da nichts.“

Klinik: „Trotzdem: Wir brauchen einen medizinischen Attest“

Mama: „Brauchen Sie das auch für Mateo“

Klinik: „Nein, nein! Nur für Mikel“

Mama: „Dann brauchen Sie es auch nicht für Mikel! Was soll denn darauf stehen?“

Klinik: „…???…“ – Die (wirklich sehr nette) Dame der Verwaltung war logischerweise überfragt.

Mama: „Ich kann Ihnen gerne einen Bericht über Mikel zusammen mit dem Kindergarten und dem Sonderpädagogen aus der Frühförderung für die Kinderbetreuung anfertigen“.

Klinik: „Ok, ich spreche mit dem Artz und mit der Leitung und melde mich bei Ihnen“

Am nächsten Tag rief mich die Verwaltung wieder an und wir führten in etwa das gleiche Gespräch wie oben nochmal. Ich sprach mit dem Kinderartz von Mikel und er wusste nicht, was er attestieren soll, ausser dass er Trisomie-21 hat. Und um diese Information zu übermitteln, braucht man keinen medizinischen Attest. Dann rief mich der Leiter der Kinderbetreuung an. Ein sehr netter Mann. Er war sehr professionell im Gespräch und hat mir einen sehr vernünftigen Eindruck gemacht. Er erklärte mir, dass „solche“ Kinder in der Klinik von einer Einzelassistenz betreut werden, die aber lange im Voraus gebucht werden muss. Jedoch sagt er, dass es für ihn so passt. Er braucht keinen schriftlichen Bericht. Es reiche ihm, was ich ihm als Mutter erzählt habe. So ein etwa verstand ich folgendes: „Sie kennen Ihr Kind am Besten. Mir reicht den Eindruck, den ich von Ihnen als Mutter bekommen habe. Von mir aus gibt es keine Einwände und ich freue mich auf Mikel in einigen Wochen“. Er wird als nächstes mit der Leitung sprechen Diese entscheidet endgültig, ob die Kur abgesagt wird. Ich sagte ihm, dass wir dafür Verständnis hätten, wenn die Kur abgesagt wird, und nahm den Fehler auf unsere Seite. Nach der Kur erfuhr ich aber vom Arzt, dass die Klinik über die Trisomie von Mikel hätte wissen müssen, denn es in den ärztlichen Berichten von uns beiden steht.

Nach 1-2 Tage rief uns die Verwaltung an: die Hausleitung hat entschieden, die Kur nicht abzusagen.
„Wir versuchen es…“ -hieß es am Telefon- „..unter Vorbehalt, dass Sie vielleicht Einschränkungen in Ihren Anwendungen in Kauf nehmen müssen, wenn es mit der Betreuung von Mikel nicht einwandfrei laufen sollte“.

Dann waren wir beruhigt. „Sie sind gerade etwas verunsichert, werden aber sehen, dass Mikel ziemlich unkompliziert ist“, so dachte ich mir.

Naja, die Sache mit dem Attest kam wieder hoch. Ich gab ihnen die Telefonnummer vom Mikels Kinderarzt und sagte: Der Klinikarzt soll einfach selber dem Kinderartz anrufen und ggf. ihm sagen, was er auf dem Attest schreiben soll. Ich weiss nicht, ob sie angerufen hatten, aber danach wollten sie nur ein Papierchen aus den Anfangszeiten in der Klinik.

Ich schrieb trotzdem einen sehr detaillierten Bericht über Mikel für die Kinderbetreuung. Mir erschien es sinnvoll. Drin stand, dass Mikel seit dem ersten Lebensjahr in einer Kindereinrichtung inklusiv betreut wird. In einer Kindergartengruppe von 17 Kindern, betreut von 2 Erzieher, bei manchen Gruppenabläufen kommt eine dritte Kraft dazu. Eine Einzelassistenz braucht er nicht. Die letzten Monaten wurde seine Betreuung sogar bei extremen Personalmangel sichergestellt. Mikel ist ein sehr soziales und ruhiges Kind. Er ist aufgeschlossen, friedlich und fröhlich. Er fühlt sich immer und überall wohl, wenn die Menschen um ihn herum nett sind. Er rennt nicht weg, er schreit nicht, er wirft keine Gegenstände in der Gegend rum, ist nicht aggressiv und weist sonst keine Verhaltensauffälligkeiten auf. Er ist ruhig, spielt oft alleine, singt und tanzt gerne und ist neugierig und motiviert, neues zu lernen. Er braucht etwas Hilfe beim Essen, beim An- und Ausziehen und manchmal in der Interaktion mit anderen Kindern, z.B. bei Konflikten. Er trägt eine Windel, Er wurde nach seiner Geburt am Darm operiert und hat meisten einen weichen Stuhlgang. An einigen Tagen muss er oft gewickelt werden, an anderen nicht. Von seinem Entwicklungsstand ist er zwischen 3 und 4 Jahre einzuschätzen. So war es geplant, dass er in die Raupengruppe der Klinik kommt, wo Kinder dieses Alters betreut werden.

Mi. 25. Oktober – Ankunft

Nach Ankunft: Zimmer beziehen, ärztliches Gespräch und endlich um 17 Uhr die erwartete Inforunde des Kindertreffs.

Wir warten geduldig auf das Ende, um mit der Erzieherin unter 4 Augen zu sprechen. Wenn es soweit ist, draußen auf dem Flur, fallen folgende lapidare Wörter ihrerseits: „Das mit dem Mikel können wir nicht leisten, wir können ihn nicht wickeln. Sie müssen sich überlegen, wie Sie sich organisieren“.

„WAS?“

Wir sind sprachlos, fühlen uns geohrfeigt. Versuchen, sanft und diplomatisch das Gespräch etwas weiter zu führen.

Wir: „Hmmm… so hatten wir uns das nicht vorgestellt. Warum ist das Wickeln gar nicht möglich? Kinder unter 3 und 4 Jahre sind doch nicht alle trocken“.

Antwort: „Doch, alle Kinder in der Raupengruppe sind trocken“.

Das müssen wir dann erstmal „schlucken“ und verbleiben so, dass Mikel am nächsten morgen zu seiner Gruppe geht und weiteres mit den Erziehern dort besprechen.

Do. 26. Oktober – Erster Tag in der Kinderbetreung

Der Kindertreff ist oben im Dachgeschoss. Um 8.15 bringe ich Mikel hoch in die Raupengruppe. Dort treffe ich auf K., eine sehr nette Erzieherin, die mir sehr lieb und kooperativ erscheint. Sie hört sich an, was ich kurz über Mikel erzähle. Ich zeige ihr seinem Popo und versichere ihr, dass obwohl sein After ungewöhnlich aussieht, keine besondere Pflege notwendig ist. Trotzdem biete ich sie an, dass sie uns anruft, falls er gewickelt werden soll. Wir verbleiben so, dass ich ihn wieder um 11 zum essen abhole, um und 14 Uhr für 2 Stunden wieder bringe.

Gegen 9 Uhr komme ich vorbei und frage durch einen Spalt der Tür ob alles ok ist. Sie antwortet mit Daumen hoch. Ich denke „Es läuft“. Die Kinder sitzen am Tisch und essen etwas Obst.

Um 9:50 werde ich von K. angerufen, ich soll hochkommen.

Oben empfängt mich K. wieder und schließt die Tür mit ernsten Gesicht hinter sich. Auf meine Frage, ob alles ok             ist, antwortet sie nicht. Diesmal hat sie eine ganz andere Haltung als 1,5 Stunden davor: sehr ernst, hart und kalt. Ich empfinde sie wie eine „Wand“. Sie sagt mir in etwa folgendes:

  1. Mikel hat zuerst ihre Haare gestreichelt und dann daran gezogen. Das gleiche mit einem Mädchen aus der Gruppe.
  2. Mikel wollte auf dem Flur beim Rundgang die Lichtschalter mehrmals betätigen.
  3. Mikel hat ein Becher Wasser beim Frühstuck umgeleert.
  4. Sie haben sich überlegt, 2 Integrationstage mit ihm zu machen. Das bedeutet: ca. 9-11 und wieder am nachmittag ca. 14-16 Uhr. Ich soll ihn aber gleich mitnehmen.
  5. Ah, und wir werden Mikel nicht wickeln. „Warum? Hat er viel Stuhlgang gehabt?“ Antwort: „Nein, seine Windel ist leer, aber das können wir nicht leisten“. Auf meine Frage ob „nicht mal ein Mal?“ antwortet sie ein trockenes NEIN. Auf meine Folgefrage, ob alle Kinder in der Gruppe trocken sind, antwortet sie „Ja, es sind alle trocken“.

Erstaunt und nachdenklich nehme ich mein Kind runter ins Zimmer. „Wieso wollen sie ihn nicht wickeln? Aber gut… wenn alle anderen trocken sind…  Und wieso war sie auf einmal so ernst und ablehnend…?

Um 11 Uhr finden wir einen Zettel in unserem Postfach: Der Leiter der Kinderbetreuung bittet uns in sein Büro um 13 Uhr. Um 13 Uhr gehen wir zu dritt -Mama, Papa und Mikel- ins Büro des Herr R.

Herr R. ist der Mann, mit dem ich vor der Kur telefonisch Kontakt hatte. Er ist ein nach außen extrem freundlicher Mann, sehr bestimmt und souverän im Gespräch, wie wir gleich erfuhren. Auf dem Weg in sein Büro sagt er zu uns: „Ihr Sohn ist sehr Betreuungsintensiv. Sie hatten mir am Telefon gesagt, er wäre wie ein normales 3-jähriges Kind, und es ist aber nicht so“. (So eine Aussage nach gerade  mal 1,5 Std. Betreuung? Das Kind ist noch nicht mal in die Gruppe angekommen?)

Das Folgegespräch hatte eine miese Strategie dahinter, die ich berufsbedingt leider sehr oft beobachtet hatte: Er             hat uns zuerst ca. 10-15 Min. vorgetragen, wie es mit dem Kurantrag gelaufen ist, wie schwerwiegend dieser Fehler ist, Mikels Trisomie nicht erwähnt zu haben, was für eine schwierige Situation das für die Klinik ist und was für eine Anstrengung für die Kinderbetreuung Mikel bedeutet.

Und dann führt er weiter als großer Retter fort: „Nicht destotrotz möchte er uns wie versprochen die Kur ermöglichen, denn was er versprochen hat, hält er auch“- so in etwa seine Wörter.

Mikel sei „sehr betreuungsintensiv“: Herr R. hat die gleichen 3 Beispielen wie die Erzieherin K. vorhin auch vorgetragen, aber bei jedem einzelnen Beispiel selber gesagt, das wäre normal bei Kindern zwischen 3 und 4 Jahre. „Es sei nicht möglich, ihn ohne eine Einzelassistenz zu betreuen. Natürlich auch zum Wohle des Kindes, denn wir wollen auch alle, dass es dem Kind gut geht, und er braucht eine Einzelassistenz, die sich um ihn adäquat kümmert“.

Deswegen, und da geschickterweise beide Elternteile da sind und sich mit der Betreuung von Mikel sich abwechseln können, hat er uns vorgeschlagen, eine Einzelassistenz im Personal der Klinik versuchen zu finden, da wo sich unsere Therapiepläne sich überschneiden. Mikel kann dann nur während dieser Zeiten betreut werden. Erstmal keine Minute länger. Aber er sei offen und möchte der Situation eine Weiterentwicklungsmöglichkeit geben: Wenn im Laufe der Zeit das Kind sich an die Abläufe gewöhnt und es mit der Betreuung besser läuft, kann er vielleicht teilweise ohne Einzelassistenz betreut werden.

Dann legt er uns unsere Therapiepläne auf dem Tisch vor, plus den von ihm zusätzlich erstellten Betreuunsplan für Mikel. Zu den Zeiten in diesem Plan hatte er bereits eine Einzelassistenz organisiert (ganz schön schnell in so eine kürze Zeitspanne) Der Plan sah folgendermaßen aus:

Fr.   27.10.2017:  10:15 – 11:15    –>  1 Std.

Mo. 30.10.2017:  8:45  – 11:00    –> 2,25 Std.

Di.  31.10.2017:   9:15 – 11:00   –> 1,25 Std.

Mi.    1.11.2017    Feiertag

Do.   2.11.2017:  13:00  –  14:30  –> 1,5 Std.

Fr.    3.11.2017:   10:15  –  11:00  –> 45 Min.

13:15  –  13:45  –> 30 Min.

Mo.  6.11.2017:    9:30  – 10:45    –> 1,25 Std.

13:30 – 14:30   –> 1 Std.

Di.    7.11.2017:    Keine Betreuung, da keine Einzelassistenz möglich

Mi.   8.11.2017:   13:00  –  14:00  –> 1 Std.

Do.  9.11. 2017:   8:15  –  9:15  –> 1 Std.

Fr.   10.11.2017:  13:00  – 14:45 –> 1,75 Std.

Mo.  13.11.2017:  Vormittags evtl. 2 Std., noch zu klären

13:00  –  14:00 –>  1 Std.

Di.    14.11.2017:  9:30  –  10:00  –> 30 Min.

13:15  –  16:00  –> 2,25 Std.

Er sagte uns, der Plan seit mit der Klinikleitung abgestimmt (ganz schön geplant alles in so kürzer Zeit) und fragte uns, ob wir damit einverstanden wären. Die Frage war natürlich überflüssig, denn es war entweder dieser Plan oder gar nichts. Mal wieder waren wir sprachlos, nahmen Zettel und Kind mit und gingen wieder.

Man muss kein promovierter Pädagoge sein, um zu erkennen, dass das Kind mit diesen Zeiten absolut keine Chance hat, weder sich an die Gruppe noch an die Allstagsabläufe zu gewöhnen. Auch war das klar, dass wir absolut keine Zeit für uns allein gar für uns als Paar haben würden während dieser Kur. Auch ist zu erkennen, dass die tägliche Koordinierung der Termine, wer wann Mikel hinbringt oder abholt, sowie das direkte losrennen nach einer entspannte Anwendung in die Kinderbetreuung, um Mikel abzuholen, nicht gerade zur Erholung und Entspannung beitragen.

Nur im Affekt des Momentes kann man nicht so klar denken, abgesehen davon, dass wir erstmal realisieren mussten, was gerade da passierte. Ich persönlich, bin ziemlich langsam damit, und mein Mann ist nicht gerade schneller. Mein Mann ist mit der Fähigkeit gesegnet, die Sachen so anzunehmen, wie sie sind, was in solchen Situationen das Beste ist. Ich dagegen gebe ungerne meine Vorstellungen auf und kämpfe bis zum bitteren Ende für eine Sache, leider oft ohne zu merken, dass es aussichtslos ist.

So ließ ich mir das ganze durch den Kopf gehen und gelang noch im selben nachmittag zu dem Schluss, dass diese Lösung völlig inakzeptabel war. Und das natürlich von starken Emotionen begleitet, darunter Wut, Frust, Empörung… Es wurde nicht besser, als ich von einer der Mamas erfuhr, sein Kind ist in der gleichen Gruppe wie Mikel und ist mit 4,5 Jahre noch nicht trocken. „Er macht alles in der Windel und sagt nichts dazu. Natürlich sind die Kinder in der Gruppe nicht trocken!“. Wir wurden angelogen.

Fr. 27. Oktober – Erster Tag mit Anwendungen

Da der Kopf und die Seele auch im Schlaf weiter arbeiten, erlitt ich (anderes kann es es wirklich nicht nennen) erst am nächsten Tag die Spitze des emotionalen Zustands. Ich ging heulend in den Wärmepack und anschliessend heulend in die Massage. An so einem emotionalen Ausbruch kann ich mich nicht erinnern, der letzte war wahrscheinlich in der Pubertät! Ich wusste nicht wohin mit meiner Wut und mit meiner Empörung. Ich fühlte mich eingesperrt in einer völlig bizarren Situation. Etwas beruhigt nach der Massage ging ich spazieren und versuchte, zur Ruhe zu kommen, denn schließlich wollte ich nochmal mit dem Leiter der Kinderbetreuung sprechen. Gedanken kamen und gingen: „Was passiert hier gerade? Mikel ist doch nicht betreuungsintensiv! Das kann man doch nicht gleich nach 1,5 Std. sagen! Und wieso haben sie uns angelogen? Ist mein Kind nicht gut genug, dass man ihm den Arsch putzt!?“ Und bei dem letzten Gedanken brach was in mir. Ich tritt auf Steine und weinte unkontrolliert. Ich fühlte mich beschiessen,ungerecht behandelt und spürte einen tiefen Schmerz wenn ich an meinen unglaublich süßen Sohn dachte und wie unfair das ihm gegenüber sei.

Ich war am Freitag wohl nicht mehr in der Lage, ein sachlichen Gespräch mit Herr R. zu führen, ich hätte ihn aufgefressen! Mittlerweile aber bereue ich es, dass ich nicht gleich mit meiner vollen Wut zu ihm gegangen bin. Ich sprach mit meinem Mann und sagte ihm, dass wir am Montag ein Gespräch suchen werden. Er war einverstanden. Wir waren uns einig, dass Mikel nicht betreuungsintensiv ist, und wollten erreichen, dann man ihn zu bestimmten Kernzeiten betreut, nämlich sowas wie von 9 bis 11 und von 13 bis 15 Uhr. Damit wir und Mikel eine gewisse Regelmäßigkeit haben, damit Mikel in die Gruppe reinkommt, für alle eine Routine entsteht und dadurch Ruhe. Während dieser Zeiten wird nicht gegessen (außer ein kleiner Obstimbis), und meistens auch keinen Ausflug gemacht. Die Kinder gingen gegen 15 Uhr zum Spielplatz. So mussten sie ihn weder Futtern, noch An- oder Ausziehen und zum Wickeln wollten Sie uns sowieso rufen. Also sahen wir kein Problem, warum Mikel in dieser oder ähnliche Zeiten nicht betreut werden könnte und mit anderen Kindern sein dürfte.

So wie ich bin, war ich bis zum Gespräch angespannt, das ganze Wochenende. Aber ich war etwas ruhiger, denn jetzt hatte ich wieder einen Weg vor mir, eine Perspektive. Naivität in reinster Form…

Woche vom 30.10.2017 bis 3.11.2017

Man muss dem Herr R. anerkennen, dass er anfangs versucht hat, die Betreuungszeiten von Mikel zu erweitern, in dem er weiter nach einer Einzelperson gesucht hat. So kam es Mo. und Di. zu spontanen Telefonaten am Morgen oder am Mittag mit dem Angebot, wir dürfen Mikel da eine Stunde früher bringen oder da eine halbe Stunde später abholen.

Am Mittag sprachen wir mit ihm. Ich sagte ihm in etwa folgendes: „Sie sagen, dass Mikel sehr betreuungsintensiv ist. Wir sagen, dass Mikel nicht betreuungsintensiv ist. Das zeigt, wie Mikel zu Hause betreut wird. Bitte bedenken Sie auch, dass Mikel an manchen Stellen vielleicht mehr Aufwand verursacht, jedoch durch sein friedliches Wessen an anderen sogar weniger aufwändig zu betreuuen als andere Kinder ist. Wie auch immer, Sie wollen ihn ohne dritte Person nicht betreuen. Jedoch sehen wir keinen Grund, warum Mikel zu bestimmten Kernzeiten nicht -auch ohne Einzelassistenz- betreut werden kann, wenn in diesen Kernzeiten keine             Situationen auftreten, in denen Mikel mehraufwand verursacht.“

Antwort von Herr R.: „Das lasse ich mir nicht sagen, wir sind sehr wohl in der Lage zu beurteilen, ob ein Kind betreuungsintensiv ist. Mikel wird nicht ohne Einzelassistenz betreut“. Und dann versprach uns er nochmal, dass wenn es mit Mikel besser wird die nächsten Tage, die Betreuungszeiten ausgedehnt werden können. „Was“ aber besser werden sollte, hat er nicht gesagt.

So, vorbei war es. Und ich dachte, meine Argumente sind unschlagbar… Wir stehen schon wieder vor einer Wand.

Übrigens hatte er im letzten Gespräch auch gesagt (unter der Nase gerieben?), dass die Klinik in Vorleistung für die ungeplannte Kosten der Einzelassistenz von Mikel geht, und vielleicht darauf sitzen bleibt, wenn die Kasse diese zusätzlich Kosten nicht übernehmen will. Dann wollte ich von ihm versichert haben, dass ich später keine Rechnung von der Klinik in unserem Briefkasten für diese Kosten bekomme. Denn diese Einzelassistenz wird nicht von Mikel, sondern von der Kinderbetreuung gebraucht. Darauf ist er eingegangen. Die Klinik übernimmt diese Kosten, falls der Antrag abgelehnt wird.

Letztens kam die Sache mit dem Wickeln. Ich sagte ihm: „noch eine Sache liegt mir sehr schwer auf dem Herz: warum wurden wir von 2 verschiedenen Personen in 2 verschiedenen Situationen so lapidar angelogen? Die Kinder in der Rauppengruppe sind nicht alle trocken!“

Ganz souverän hat er es abgefangen und gesagt „Aber natürlich sind 3-4 jährige Kinder nicht alle trocken! Je nach Gruppe tragen ein drittel bis die hälfte eine Windel.“ Es kommt sicherlich aus der Verunsicherung der Mitarbeiter, als sie aus meinem schriftlichen Bericht mitbekommen haben, dass Mikel manchmal bis zu 8 Mal am Tag gewickelt werden muss. Für mich bleibt die lapidare Haltung der Mitarbeiterinnen unklar. Die Frage des Wickelns wurde nicht weiter behandelt und wir wurden immer mal wieder angerufen, wenn Mikel die Windel voll hatte. Im Endeffekt war es nicht mehr so wichtig, dadurch dass Mikel im Durchschnitt nicht länger als 1,5 Std. am Stück betreut wurde.

Wir konnten also nichts erreichen. Wieder war ich enttäuscht und so musste ich wieder mit Frust und Wut umgehen. Ein weiterer schmerzhafter Schritt in Richtung „es so zu akzeptieren, wie es ist“. Und so dachte ich am Nachmittag, ich wäre drüber hinweg und fing an, mich zu entspannen. Aber leider geschah etwas, was mir wieder ein Funken von Hoffnung gegeben hat: eine Erzieherin, eine einzige, hatte ein natürlich und vernünftiges Verhalten gegenüber Mikel und entschied für sich an zwei Gelegenheiten, den Mikel einfach länger zu betreuen. Ohne Abstimmung mit dem Leiter. Sie ging auf Mikel ein, sprach mit ihm liebevoll. Nur bei ihr habe ich gesehen, dass mit Mikel gesprochen wurde. Ein Funken von Normalität. So dachten wir, da können wir ansetzen. Übrigens, bei keiner anderen Erzieherin haben wir das in den 3 Wochen beobachtet. Mikel wurde weder begrüßt noch verabschiedet, als er kam und ging. Er wurde in einer Gruppe abgegeben und oft in einer anderen abgeholt. Auch die Einzelassistenten waren jeden Tag verschieden. Wir blickten nicht durch.

Am Mi. war Feiertag und am Do., und Fr. waren wir in Quarantäne, weil einer von uns kurz mal gespuckt hatte. Danach war eh Wochenende. Und ich muss sagen, diese 5 Tage waren die Besten in der Kur, denn wir hatten keine Termine, keine Kinderbetreuungssorgen, wir waren genossen die Zeit mit Ausflügen und ruhige Momente im Zimmer.

Woche vom 6.11.2017 bis 10.11.2017

Nach 5 Tage Quarantäne und Wochenende, startet jetzt die letzte volle Woche. Denn die Kur geht von Mittwoch auf Mittwoch.

Ich entschloss mich, wieder mit Herr R. zu sprechen und einen letzten Versuch zu starten. Dann erfahre ich, dass er in Urlaub ist. Ich frage nach der Erzieherin: leider ebenso in Urlaub.

„Naja, es ist also gelaufen. Egal, es ist wie es ist. Dann bringen wir Mikel eben nach Plan in die Betreuung, ihm geht eh immer und überall gut (so unser Annahme, so wie wir ihn kennen). Wieder eine Enttäuschung, diesmal aber eine Kleine. Eine letzte Sache möchte ich aber noch: ich möchte mit der Klinikleitung sprechen und ihr mitteilen, wie wie das Ganze erlebt haben, wie es uns dabei gegangen ist“. So gehe ich entschlossen zur Klinikleitung mit Mikel und während wir warten, sehen wir seine Gruppe vor uns laufen, sie kamen von außen und gingen in den Gruppenraum zurück. Mikel zeigte zu sich und sagte „Ich auch Kinder“. Aber er dürfte während dieser Zeit nicht. Es brach mit das Herz.

Als wir zu der Klinikleitung dürften, versuchte ich ganz nüchtern und sachlich ihr erzählen, wie unsere Erfahrung war. Denn sowas gehört zur Leitung einer Einrichtung, ein Ohr für die Patienten zu haben, und sich im Nachhinein überlegen, ob man mit dem Feedback etwas anfangen kann und will, oder auch nicht. Soviel zu meiner Vorstellung, aber nichts davon kannte die Dame. Es war eins der absurdesten Gespräche, die ich jemals erlebt habe. Vielleicht hatte sie einen ganz blöden Tag? Sie war nicht offen für meine Wörter, verstand alles als Angriff oder Vorwurf und schoss dauernd zurück, wollte die vermeintliche Vorwürfe nicht annehmen, wollte sich das alles nicht sagen lassen. Sie sagte aber etwas interessantes, was davor noch nicht im Raum stand: „Voraussetzung für die Aufnahme Ihrer Familie in diesem Haus war, dass Sie die Betreuung von Ihrem Sohn selber übernehmen.“ – Aha! Das war neu, und nicht gerade erfreulich. Ich sagte ihr, diese Information sei bei mir nicht angekommen. Ihr Antwort: es steht so in den Unterlagen und Herr R. wäre sehr gewissenhaft bei der Dokumentation der Fälle. Diese Unterlagen habe ich nie zur Gesicht bekommen, das einzige was ich hatte war unser telefonisches Gespräch.

Ach und folgendes hat sie auch noch gebracht: „Mikel sei betreuungsintensiv per Definition, weil er Down-Syndrom hat“. Ob es de-facto so ist oder nicht, spiel wohl keine Rolle. So etwas ist weder professionell, noch intelligent, noch zeitgemäß.

Natürlich habe ich mich (mal wieder) tierisch aufgeregt über dieses Gespräch. Verlorene Zeit. Es war, wie mit einem Bauer zu sprechen (bei allem Respekt vor den lieben Bauern). Aber wenigstens konnte ich endlich loslassen. Alle Möglichkeiten waren ausgeschöpft, endlich kam ich zur Akzeptanz der Situation und machte mich bereit, die letzten Tage der Kur zu genießen. Nur eine Sache wollte ich nicht: mein Kind für weniger als 1 Std. zur Betreuung zu bringen. Auch dafür hatte die Dame übrigens kein Verständnis.

Zurück zur Woche. Mir ging es erstmal richtig gut: keine Erwartung mehr, also kein Leiden mehr. Wir brachten Mikel nach Plan in die Betreuung unter der Annahme, dass es ihm ziemlich egal ist. Er freut sich immer: wenn man irgendwo ankommt, und wenn man ihn wieder abholt.

In der Woche passierte folgendes: Am Dienstag hatte er gleich morgens sehr weichen und sehr oft Stuhlgang. Bei einem anderen Kind würde man über Durchfall sprechen, bei ihm passiert es, wenn er sich erkältet und dauert meistens nicht länger als 1-2 Tage. Nur dieser Durchfall war sehr extrem (10-12 Windel am Tag) und hielt an, bis wir die Kur zu Ende war. Mikel fing an zu knirschen beim Einschlafen, er hatte davor noch nie geknirscht. Er war sehr unruhig. Dazu hatte er uns gegenüber 2 kürze Anfälle, wo er schrie und uns unkontrolliert mit beiden Händen schlug. So etwas war noch nie und ist nie wieder vorgekommen. Im Laufe der Kur und stärker während dieser Woche hat er nach und nach aufgehört, Sachen selbständig zu machen: Schuhe ausziehen, Jacke ausziehen, Aufräumen, Essen, Trinken…  Und er wollte immer nur Brot mit Wurst essen, wollte sich nur vom Papa futtern lassen und war sehr manisch, was die Ordnung auf dem Tisch betraf.

Dann: Bei der Abholung am Freitag nachmittag sagte die Erzieherin zu meinem Mann: „Mikel hockt die ganze Zeit in der Raupe (ein Raupenspieltunnel), er interagiert nicht mit anderen Kindern und er attackiert andere Kinder, wenn sie ihm nah kommen“. Das ist nicht mein Kind…Und plötzlich war es mir klar: Mikel ging es nicht gut. Auch sowas war noch nie vorgekommen. Bisher ging es Mikel immer und überall gut. Wir wussten nicht, dass es anderes sein kann.

In bin in diesem Moment völlig ausgerastet. Es passte alles zusammen, die ganzen Anzeichen, die wir nicht richtig interpretiert haben. Ein großer Schmerz ging über mich. Enorme Schuldgefühle gegenüber meines Kindes und eine überwältigende Wut gegenüber der Klinik. Mein Mann gab mir Recht. Wir entschieden, für die letzten zwei Tage den Mikel nicht mehr in die Betreuung abzugeben. Am liebsten wäre ich sofort abgereist aber mein Mann hielt mich zurück. In der Nacht auf Sa. verschlimmerte sich der Durchfall. Stuhlgang über Nacht gab es nicht mal in der Babyzeit! Ich konnte danach nicht mehr einschlafen, mein Kopf war auf 180. Endlose Gedanken um die Situation und die Emotionen dazu schaukelten sich hoch bis ich in Tränen ausbrach. Ich wollte die Jungs nicht wecken, so ging ich raus. Das Wetter war aber so furchtbar, dass ich nur durch die Flure hin und her, hoch und runter laufen konnte. Mehrmals, über eine Stunde. Ich war emotional völlig außer mir. Wollte nur noch weg. Keine Minute mehr in diese Einrichtung verbringen. Als ich dachte, jetzt kann ich ohne weinen sprechen, ging ich zur Nachtschwester und brach dort endgültig zusammen. Die arme Schwester hat sich erschrocken und war wirklich liebevoll. Es war so wohltuend! Abgesehen von den Physiotherapeuten, die sehr nett waren, war das das erste und einzige Mal, dass ein Mitarbeiter dieser Klinik Empathie zeigte. Alle waren höflich und korrekt, aber kalt und distanziert.

Ich erzählte ihr alles in Trännenrausch. Die Schwester sagte, dass uns keiner hier festhalten würde und dass ich mit meinem Mann sprechen und zur einer Entscheidung kommen soll. Erst dann würde sie ein Gespräch mit dem Arzt organisieren.

Ich ging ins Zimmer zurück, es war mittlerweile ca. 7.30. Wir stritten, weil mein Mann Angst vor finanziellen Förderung seitens der Klinik hatte. Wir sollen doch die Paar Tage bis zu Ende der Kur noch hinter uns bringen. Augen zu und Durch. Im laufe des morgens beruhigte ich mich, entschied zu bleiben und schlief völlig erschöpft für 4 Stunden ein. Danach war ich depressiv, motivationslos, wollte nicht aus dem Bett. Mikel ging es wohl besser und wir machten einen Ausflug nach Füssen. Die restlichen Tagen waren ruhig. Mikel blieb die ganze Zeit bei uns und schien glücklich zu sein.

Fazit / Kurzversion

Die Klinik hat erst 4-5 Wochen vor Kurstart durch ein telefonisches Gespräch erfahren, dass Mikel das Down Syndrom hat. Scheinbar haben wir es bei der Anmeldung nicht explizit erwähnt. Es war keine Absicht sondern für uns unbewusst offensichtlich, dass diese Information über andere Wege kommt. Da die Kinder als Begleitkinder angemeldet wurden, wurde von den Kassen keine Information über die Kinder geschickt. Jedoch stand es in den ärztlichen Berichten von mir und meinem Mann, so dass die Klinik es hätte wissen müssen. Es war trotzdem ungeschickt von uns und wir hätten es verstanden, wenn die Kur abgesagt worden wäre.

Nach einem telefonischen Gespräch mit dem Leiter der Kinderbetreuung der Klinik, in dem ich über Mikels Wesen, Alltag und Besonderheiten ausführlich berichtet habe, hieß es, dass ihm mein Bild über Mikel reiche, dass die Betreuung von Mikel kein Problem sein soll und dass er sich auf Mikel freut. Mikel kommt dann in der Gruppe für 3 und 4 jährige Kinder. Das ganze unter Vorbehalt, dass evtl. Einschränkungen in unserem Therapieplan geben können, falls es mit der Betreuung von Mikel nicht einwandfrei laufen sollte.

Was wir in dieser Klinik aber erlebt haben, ist eine Schande. Es war nicht einfach nur keine Inklusion, es war Diskriminierung. Wir könnten kein „Versuchen“ seitens der Kinderbetreuung erkennen, sondern eine ablehnende Haltung gegenüber unseres Kindes. Unser Kind wurde in die Gruppe nicht integriert, man hat ihm nicht die Chance gegeben, sich in die Gruppe einzuleben, man hat uns angelogen (Kinder zwischen 3 und 4 Jahre sind nicht alle trocken!), das Wickeln wurde verweigert, es gab wechselnde Erzieherinnen und wechselnde Gruppen für Mikel, man hat Mikel wie ein Objekt behandelt, den man für bestimmte Zeiten abstellen kann. Man ist auf Mikel nicht eingegangen, gar liebevoll mit ihm umgegangen. In dieser Klinik fehlt Offenheit und Menschlichkeit. Mein Eindruck nach, ist das ein Problem der leitenden Personen. Ich hatte das Gefühl, dass die Mitarbeiter nicht anderes agieren durften.

Gleich bei der Informationsveranstaltung am ersten Nachmittag wurde uns direkt nur folgendes gesagt: „Das mit Mikel können wir nicht leisten, wir können ihn nicht wickeln, Sie müssen sich überlegen, wie Sie sich organisieren. […] Alle Kinder in der Gruppe sind trocken„. Es war unfreundlich, ablehnend und nicht konstruktiv. Wir waren schockiert und haben auf weiteres gewartet. Am nächsten morgen brachte ich Mikel in die Raupengruppe.

Nach gerade mal 90 Min. Betreuung am ersten Morgen hieß es:

– Mikel sei sehr betreuungsintensiv, es wurden uns jedoch keine Beispiele genannt.

– Mikel kann nur mit Einzelassistenz betreut werden

– Wir können ihn nicht wickeln. Alle Kinder in der Gruppe sind trocken.

– Da wir als Eltern in der Klinik zur Zweit sind, sollen wir uns mit der Betreuung von Mikel abwechseln. Dabei wird die Klinik versuchen, eine zusätzliche Person für seine Betreuung zu finden, da wo die Therapiepläne sich überschneiden.

– Die Klinik bleibt offen für eine Erweiterung der Betreuungszeiten, auch ohne Einzelassistenz, sollte sich das Kind an die Abläufe nach und nach gewöhnen und damit die Intensität der Betreuung abnehmen.

Folgenden Betreuungsplan für Mikel, bereits (nach so kurzer Zeit) mit der Klinikleitung abgestimmt, hat man uns vorgelegt:

Fr.   27.10.2017:            10:15 – 11:15    –>  1 Std.

 

Mo. 30.10.2017:             8:45  – 11:00    –> 2,25 Std.

Di.  31.10.2017:             9:15 – 11:00   –> 1,25 Std.

Mi.    1.11.2017              Feiertag

Do.   2.11.2017:             13:00  –  14:30  –> 1,5 Std.

Fr.    3.11.2017:             10:15  –  11:00  –> 45 Min.

13:15  –  13:45  –> 30 Min.

Mo.  6.11.2017:             9:30  – 10:45    –> 1,25 Std.

13:30 – 14:30   –> 1 Std.

Di.    7.11.2017:             Keine Betreuung, da keine Einzelassistenz möglich

Mi.   8.11.2017:              13:00  –  14:00  –> 1 Std.

Do.  9.11. 2017:             8:15  –  9:15  –> 1 Std.

Fr.   10.11.2017:            13:00  – 14:45 –> 1,75 Std.

 

Mo.  13.11.2017:            Vormittags evtl. 2 Std., noch zu klären

13:00  –  14:00 –>  1 Std.

Di.    14.11.2017:           9:30  –  10:00  –> 30 Min.

13:15  –  16:00  –> 2,25 Std.

 

Es ist schnell zu erkennen, dass ein Kind mit diesen Zeiten keine Chance hat, weder sich an die Gruppe noch an die Allstagsabläufe zu gewöhnen. Auch war das klar, dass wir absolut keine Zeit für uns allein gar für uns als Paar haben würden während dieser Kur, sowie dass die Einhaltung unserer Therapien zusammen mit dem Bringen und Abholen von Mikel einen eng getakteten Teminplan bedeuten.

In der Hoffnung auf Einsicht und Vernunft, und damit auf stabile Kernbetreuungszeiten für Mikel sind wir mit diesem Plan losgelaufen. So wie jeder zu Hause Mikel kennt und wie er betreut wird, zeigt, dass Mikel nicht betreuungsintensiv ist. So wollten wir erreichen, dann man ihn zu bestimmten Kernzeiten betreut, nämlich sowas wie von 9 bis 11 und von 13 bis 15 Uhr. Damit Mikel in die Gruppe reinkommt und für alle eine Routine entsteht. Während dieser Zeiten wird nicht gegessen und die Kinder halten sich vorwiegend im Gruppenraum auf. So mussten sie ihn weder Futtern, noch An- oder Ausziehen und zum Wickeln wollten Sie uns sowieso rufen. Also sahen wir kein Problem, warum Mikel in dieser Zeiten nicht betreut werden könnte und mit anderen Kindern sein dürfte, wonach er sich sehr gesehnt hat. Darauf hat sich der aber Leiter der Kinderbetreuung in einem weiteren Gespräch leider nicht eingelassen und hat uns wieder getrost auf ein „Mal sehen, wie das Kind sich in der Gruppe entwickelt“. Jedoch konnten wir seitens der Klinik keinen Versuch erkennen, unser Sohn öfter zu betreuen, gar ohne Einzelassistenz. Die Woche darauf war der Leiter der Kinderbetreuung in Urlaub, keiner hat sich um den Fall aktiv gekümmert und ein Gespräch mit der Hausleitung ist vollkommen gescheitert: ich stieß auf eine sehr unfreundliche, unprofessionelle und verschlossene Person, die kein offenes Ohr für die Patienten in ihrer Klinik hat.

Von dem Moment an, haben wir uns mit dem anfänglichen Betreuungsplan abgefunden unter der Annahme, dass es Mikel immer und überall gut geht. Leider hat sich das während der letzten Woche als falsche Annahme herausgestellt: Mikel litt unter akuten Durchfall mehrere Tage, wurde zunehmend unruhiger, fing an, mit den Zähnen zu knirschen, hatte 2 aggressive Anfälle uns gegenüber, wo er schrie und uns unkontrolliert mit beiden Händen schlug (so etwas war noch nie und ist nicht wieder vorgekommen). Schließlich sagte eine Erzieherin zu meinem Mann bei der Abholung am Freitagnachmittag: „Mikel hockt die ganze Zeit in der Raupe (ein Raupenspieltunnel), er interagiert nicht mit anderen Kindern und er greift andere Kinder an, wenn sie ihm nah kommen„.

Leider erst haben wir alles im Zusammenhang gesehen und gemerkt, dass es Mikel nicht gut ging. Auch sowas war noch nie vorgekommen. Bisher ging es Mikel immer und überall gut. Wir wussten nicht, dass es anderes sein kann. Es blieben nur noch 2 Tage bis zur Abreise. Wir haben diese nach dem Prinzip „Augen zu und durch“ überstanden. Mikel haben wir selbstverständlich nicht mehr in die Betreuung gebracht!

Es schmerz mir bis heute, wie die Klinik mit uns und mit dem Thema umgegangen ist, vor allem was der Aufenthalt in dieser Klinik mit Mikel gemacht hat. Und ich mache mir noch Vorwürfe, dass ich nicht früher das Unwohl meines Kindes gemerkt habe. Die Klinik hat es geschafft, dass Mikel sich unwohl fühlt. Sowas ist noch nie zuvor vorgekommen. Er hat sicherlich gespürt, dass er nicht willkommen war, dass er nicht angenommen und nicht integriert wurde. Mikel kam mit einem Schaden nach Hause, der sich großenteils nach ca. 2 Wochen legte. Im Kindergarten waren sie -nach eigenen Wörtern- sehr erschrocken. Hier die Beobachtungen seiner Erzieherinnen:

Mikel kam wieder in die Einrichtung zurück und zeigte sich uns sehr verändert in seinem Auftreten und seinem Wohlbefinden:

– Er konnte nur schwer Blickkontakt halten, was bei ihm ein deutliches Zeichen für große Unsicherheit ist

– Er konnte nur schwer Kontakt zu anderen Kindern aufnehmen und hat sich bevorzugt zurückgezogen

– Er fand nur durch enge Begleitung einer vertrauten Fachkraft ins Spiel und konnte sich dann auch nur für kurze Zeit dafür interessieren

– In Übergangssituationen verweigerte er sich und konnte sich auf diese Situationen erst einlassen nachdem diese vertraute Fachkraft mit viel Geduld und Zuwendung ihre Begleitung zusicherte

–  Auch in den Essenssituationen hat er sich zurückgezogen, konnte kaum Blickkontakt halten und hat nur wenig gegessen

Diese sind Verhaltensweisen, die wir bisher von Mikel nicht kannten. Veränderungen bezüglich dieses Verhaltens traten dann ca. nach 2 Wochen ein und Mikel konnte sich wieder bei uns wohlfühlen und war wieder offen, neugierig, aktiv im Spiel, konnte Blickkontakt halten und sich wieder an seine gewohnten Strukturen und Abläufe gewöhnen

Der Umgang mit der Situation lässt uns vermuten, dass die Klinik uns die Kur aus finanziellen Gründen nicht abgesagt hat, dass Herr R. es so vorgesehen hatte, wie es dazu kam: Dass er nie vorhatte, Mikel regulär in die Betreuung aufzunehmen. Auch wurde uns in der gesamten Kurzeit kein einziges Bespiel genannt, warum Mikel so betreuungsintensiv sei. So dass es für uns nicht nachzuvollziehen ist, warum es nicht  mal in gewissen Kernzeiten betreut wurde. Die absolute Ablehnung, Mikel zu wickeln, sowie die Lügen dazu, bleiben auch ein Rätsel und eine beispiellose Diskriminierung. Diese Klinik hat damit das Gegenteil ihrer Daseinsberechtigung in Kauf genommen und schließlich bewirkt: dass es uns nach der Kur schlechter als davor geht!

Es wäre so einfach seitens der Klinik gewesen, sich auf Vorschriften zu beziehen, die ihnen einen bestimmten Kraftschlüssel bei „besonderen“ Kindern vorgibt. Dafür hätten wir sofort Verständnis gehabt und wären wir der Klinik sehr dankbar für das Entgegenkommen mit einigen Betreuungsstunden gewesen. Oder wir hätten die Kur abgesagt. Anstatt dessen werden wir angelogen und diskriminiert. Man verspricht uns eine Perspektive, dahinter ist aber nur heiße Luft. So mein Eindruck.

Die Kinderbetreuung in dieser Klinik sagt gerne zu sich, sie seien „Integrationsexperten“. Wir haben das Gegenteil erlebt. Im besonderen Fall von Mikel, aber auch generell. Mein persönlicher Eindruck war: Was mit den Kindern dort geschieht, ist Massenabfertigung. Entweder man hat Kinder, die gut mitlaufen, oder es funktioniert nicht gut mit der Kinderbetreuung. Nach Angaben anderer Elternteile gab es gerade in der Raupengruppe mehrere Kinder, die sich dort unwohl fühlten.

Die Anwendungen und Therapeuten waren toll, insbesondere die Physiotherapie-Abteilung ist fantastisch. Und trotzdem hat mir persönlich die Kur geschadet. Mein Ziel war vor allem, mein Stresslevel zu sinken. Das Gegenteil ist geschehen. Aufgrund des Ärgers und der Machtlosigkeit gegenüber der dargestellten Situation bekam ich wieder Depressionszustände und Beklemmungen, die ich seit Jahren nicht mehr hatte, die erst nach einigen Wochen verschwunden sind. Meinem Mann hat die Kur wenigstens gut getan. Er konnte mit der Situation viel besser umgehen als ich und hat die Anwendungen sehr genossen. Trotzdem war die Situation auch für ihn nicht in Ordnung und nicht zufriedenstellend. Aktuell sind wir der Meinung, nie wieder eine Kur zu beantragen.

 

Die Einrichtung: Johannesbad Königshof Kurklinik in Allgäu

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Mitteilung von LAG-BW

Lange hat es gedauert, nun haben wir endlich unseren beliebten und so wichtigen Elternratgeber zum Schulgesetz „Inklusion macht Schule“ auf den neuesten Stand gebracht. 
Wir möchten ihn jetzt drucken lassen und ihn möglichst vielen Eltern zur Verfügung stellen. Denn nur gut informiert, das wissen wir alle, kann man seine Rechte auch einfordern.
Leider sind die finanziellen Möglichkeiten des Vereins nicht so, dass wir größere Mengen des Ratgebers erst einmal einfach so drucken lassen können. Es ist uns nicht gelungen, eine Förderung dafür zu bekommen. Deshalb können wir nur so viele Exemplare drucken, wie es uns jetzt gelingt, sie sicher vorzufinanzieren.
Dabei könnt ihr uns auf verschiedenen Wegen unterstützen:
 
1. Ihr bestellt verbindlich eine Zahl X des Ratgebers bei uns (Stück: 5,– Euro plus ggf. Portokosten; Selbstabholung in Karlsruhe ist möglich). Von dieser Möglichkeit sollten bitte auch unsere örtlichen Initiativen Gebrauch machen!
 
2. Ihr spendet für den Druck des Ratgebers. Einfach auf unser Konto Kreissparkasse Reutlingen
 
Kontonummer: 684 51
Bankleitzahl: 640 500 00
IBAN: DE72 6405 0000 0000 0684 51
BIC-/SWIFT-Code: SOLADES1REU
 
mit dem Vermerk „Elternratgeber Schulgesetz“. Dann können wir weitere Exemplare drucken und später dann verkaufen, z.B. bei Veranstaltungen oder an Eltern, die erst später auf den Ratgeber aufmerksam werden.
Wir freuen uns sehr, wenn uns Mitglieder, für die „Schule“ kein Thema (mehr) ist, unterstützen und so ihre Solidarität mit denen zeigen, die den schwierigen Weg in der Schule noch vor sich haben oder mittendrin sind.
 
3. Ihr spendet direkt über „betterplace“: https://www.betterplace.org/de/projects/59741-inklusion-macht-schule-der-elternratgeber/
Bitte bis Ende Januar 2018, dann wollen wir den Druckauftrag erteilen. Wenn die Ratgeber da sind, werden alle Besteller durch unser Büro informiert. Zeitnah erfolgt dann der Versand gegen Rechnung.
 
www.lag-bw.de
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Podcast SWR2 Forum: Projekt gescheitert?

Warum die Inklusion an deutschen Schulen nicht funktioniert

Es diskutieren:
Thomas Binn, Sozialpädagoge, freier Filmemacher
Barbara Rochholz, Förderschul-Lehrerin an einer Gesamtschule in Bochum
Heike Schmoll, FAZ
Gesprächsleitung: Ralf Caspary

Für viele ist diese Reform eine Herzensangelegenheit, eine notwendige Antwort auf die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung, die nicht mehr am Rande der Gesellschaft stehen sollen. Bezogen auf die Schulen heißt Inklusion: Förderbedürftige Kinder werden zusammen mit Nichtbehinderten in einem Klassenraum unterrichtet. Doch jetzt stellt sich heraus, dass die Reform zwar gut gemeint, aber schlecht gemacht ist. Es gibt zu wenig Sonderpädagogen, es fehlen Räume, Sachmittel, das Know-how und verlässliche Qualifizierungen. Ist das Projekt gescheitert? Ist es überhaupt sinnvoll, alle förderbedürftigen Kinder in Regelschulen zu unterrichten?

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Allgemeines ELFI

Umgang mit Behinderung und Begriffen

Die unten stehende Presseerklärung habe ich aus dem ELFI Mailverteiler. Beeindruckend vorbildlich finde ich, was ich weiter unten in fett und orange markiert habe: dass Kinder eigentlich nur Inklusion kennen und daher ausschließlich Inklusion leben, bis Erwachsenen anfangen, Mauer hochzuziehen und Exklusion zu betreiben, meistens unbewusst und ohne böse Absichten. Kinder brauchen den Begriff Inklusion nicht, sie leben es einfach.

Für Kinder ist alles normal, was sie erleben. Durch uns Eltern werden die Kinder fähig, in Sachen gut/böse, richtig/falsch, normal/abnormal,… zu bewerten. Und das geben wir ihnen auf den Weg mit unserem Verhalten. Aber nicht WIE wir uns Verhalten ist das wesentliche, sondern vor allem die Emotionen, die sie bei uns spüren, wenn sie uns agieren beobachten. Beispiel: die Wörter BESONDERES und BEHINDERT. Das erste ruft in uns eher was positives auf,  das zweite eher was negatives. Angewendet auf einen Menschen, deuten beide Wörter darauf, dass jemand außerhalb einer definierten Norm ist. In diesem Sinne, sind unsere Kinder nicht normal. Was aber nicht bedeutet, dass es nicht normal ist, dass es unsere Kinder gibt. Ganz im Gegenteil: Es ist völlig normal, dass es unsere Kinder gibt. Sie gehören zur unserer Gesellschaft, zu einer vielfältigen Gesellschaft… oder wollen wir etwa den Menschen standardisieren!?  Evolution basiert auf Vielfalt, das Leben auf der Erde wäre ohne Vielfalt nicht weit gekommen. Unsere Kinder vertreten sicher nicht die Werte unserer aktuellen Leistungsgesellschaft, gerade deswegen ist deren Dasein vielleicht so wesentlich wie noch nie. Und gerade jetzt, sind wir dabei, sie auszuröten… Aber das sind andere Themen 🙂

Zurück zum eigentlichen Thema. Normen sind wichtig, Begriffe sind wichtig. Wir brauchen diese Werkzeuge, um unsere komplexe Welt Struktur zu geben, diese zu verstehen und zu agieren. Darum muss man ja nicht mit Wörtern aufpassen, sondern mit unsere Einstellung zu einem Wort, zu einem Thema. Was strahlen wir aus, wenn wir etwas sagen, wenn wir uns so oder so verhalten?  Insbesondere mit Kindern muss man sich hier sehr bewusst darüber sein, denn wir prägen damit deren Basis zur Offenheit und Toleranz unserer Kinder für den Rest seines Lebens.

Darf man jetzt das Wort „behindert“ nicht nutzen? Naja doch, wobei „Mensch mit Behinderung“ viel besser wäre. Da steht der Mensch in Vordergrund, und nicht das Merkmal. Downie oder Behindi ist genau so schlimm, egal wie nett man das meint.  Ähnlich wie beim Wört „Allergiker“, viel besser ist „jemand hat eine Allergie“. Etiketten sind nicht gut für uns Menschen. Wir haben das Talent, diese zu misbrauchen.

Warum habe ich diesen Beitrag geschrieben? Die Woche fragte mich ein 1-Klässler etwas verunsichert und seeeehr vorsichtigt: „Kann es sein, dass der Mikel eine … Behinderung… hat?“ Man hat gemerkt, dass er mit dem Wort Behinderung nichts anfangen kann, außer dass es was schlimmes, obskures ist… uuuhhhh! Aber woher denn? Kinder wissen nichts über Normen, sie wissen nur, was sie aus ihrem Umfeld mitbekommen, vor allem aus dem Elternhaus. Darum nutzte ich die Gelegenheit des Elternabend am Do., um die Eltern darauf aufmerksam zu machen, und um mir zu wünschen, dass wenn sie von ihren Kindern in Sachen Behinderung gefragt werden, sie ganz natürlich damit umgehen und den Kindern den Eindruck vermitteln, dass jeder Mensch anderes ist, und dass es völlig normal ist, dass es so ist.

PRESSEERKLÄRUNG
zum Film: Ich.Du.Inklusion – ab 4.5. in den Kinos (Schauburg Karlsruhe) 

Unser Projektteam „Inklusionsbeobachtung und -beratung in Baden-Württemberg“ hat den Film gesehen und schreibt dazu folgendes:

„Eine lebendige Dokumentation aus einer lebendigen Klasse in NRW. Viele klagende Erwachsene. Eine tolle Klasse, die viel von Vielfalt und Inklusion verstanden hat. Kinder, die zusammenhalten und zu Freunden geworden sind. Ein Film, der wenig vom inklusiven Unterricht zeigt und schon ein besonderes Setting ausgesucht hat.

Es wurde in einer Klasse gedreht, in der von 21 Kindern 7 Förderbedarf haben, festgestellt oder auch nicht, deshalb auch nur bedingt bei den sonderpädagogischen Ressourcen berücksichtigt wurden. Auch der Einsatz der immerhin drei Integrationshilfen bleibt schwammig. Für die engagierten Lehrer ist das Setting unbefriedigend, für Direktor und Eltern auch. Die Kinder aber leben Inklusion, weil sie jeden Tag das erleben, was sie im Film auch singen: „Ich bin anders. Du auch.“ Sie werden Freunde, unterstützen sich, sind einander Vorbilder, auch mal genervt voneinander und ehrlich traurig, als ein Schüler, den die Lehrer besonders schwierig finden, die Klasse verlässt.

Inklusion? In vielen Ländern der Welt wäre das eine „ganz normale Klasse“, eben mit Kindern, die viel lernen, und mit Kindern, die sich schwer tun oder vom Verhalten her auffällig sind. Freilich keine Klasse, die ein Lehrer alleine bewältigen kann. Aber die wenigen sonderpädagogischen Stunden erklären sich NICHT dadurch, wie der Direktor einmal sagt, dass immer mehr Schulen Inklusion machen müssen, sondern weil Nordrhein-Westfalen, wie auch die meisten anderen Bundesländer, unbedingt auch noch das parallele Sondersystem aufrecht erhalten will. Dass der Direktor neue Kinder mit Behinderung dadurch „abwehrt“, indem er deren Eltern zwingt, sich auch die Sonderschule/Förderschule anzuschauen und dass über einigen Kindern der Klasse die ganze Zeit das „Damoklesschwert“ hängt, doch wieder auf die Sonderschule/Förderschule zu müssen, sorgt für einen bitteren Beigeschmack und zeigt den Systemfehler.

Der Film zeigt auch letztlich die Untauglichkeit von Gutachten und behördlichen Feststellungsverfahren: Kinder, die Hilfe bräuchten, erhalten sie nicht, weil sie noch nicht offiziell „festgestellt“ sind. Ein Kind wird plötzlich als „geistig behindert“ getestet, was selbstdie Klassenlehrerin nicht nachvollziehen kann. Und ein Junge, dessen Förderbedarf im „sozial-emotionalen Bereich“ liegen soll, ist zugewandt und gut integriert, aber schwach im Lernen.

Für Pauschalaussagen oder gar Pauschalkritik über Inklusion in der Schule taugt der Film wenig. Bleiben als Highlights: Ein treckerfahrender Erstklässler und einige coole Kinder-Sprüche.“

Kirsten Ehrhardt, Projektleiterin Inklusionsberatung und -begleitung in BW
Für Rückfragen:
beratung@lag-bw.de
06227/ 399718
www.lag-bw.de

 

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Gut so!?

Montag morgen: Im Gespräch mit einem Kollegen über ‚wie das Wochenende so war‘ habe ich fröhlich von unserem Brunch erzählt. Als ich erzählt habe, dass wir immer wachsen und „vor uns“ so gut wie fast keine Kinder mit DS in der Region geboren wurden, sagt er ziemlich automatisch: „was so gut ist, oder!?“

Das konnte ich nicht bestätigen.

Geht es Euch nicht manchmal auch so, dass die Leute ganz anderes reagieren, als wie wir die Welt „mittlerweile“ sehen? Sie meinen es überhaupt nicht böse, es ist nur Unwissenheit, Unbekanntheit,… und so ist unsere Gesellschaft, wenn man sie mit der Nicht-Norm konfrontiert: Ignorant. Ich meine es auch nicht böse, sie wissen es einfach nicht besser, weil die Norm-Welt von der Rest-Welt abgeschottet ist.

Nur… aus Ignoranz wächst keine Akzeptanz.

 

 

 

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Sehr guter Artikel von einem Vater

https://m.morgenpost.de/familie/article208329389/Warum-ich-mein-Kind-mit-Down-Syndrom-besonders-liebe.html

In diesem Artikel äußert sich ein Papa eines Kindes mit DS darüber,  was ihm Lles durch den Kopf gegangen ist, wie es ihm ergangen ist seit der Geburt seines Sohnes. Ein Paar Punkte werden sehr gut auf den Punkt gebracht. Die Lektüre lohnt sich und regt zum  nachdenken an, nicht nur für Angehörige.

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Windeln von der Kasse

Scheinbar bezahlen die Kassen die Windeln unserer Kinder schon ab dem dritten Lebensjahr. Also ab dem 2. Geburtstag!! Das habe ich zu spät mitbekommen, aber nun sind die Windeln für die nächsten 3 Monate da.

Wie läuft das?

1-Man holt sich ein Rezept vom Arzt mit den Angaben: Windeln für 3 Monate, Tagesbedarf, Gewicht und Hüftumfang des Kindes.

2- Per Telefon die Kasse fragen, wie es abzulaufen hat. Die Techniker Krankenkasse schickt eine Liste von Lieferanten.

3- Aus der Lieferantenliste einen Lieferant auswählen, anrufen und fragen, wie es abzulaufen hat 🙂

4-Rezept an die Firma schicken. Fertig

Bei war das so: ich habe mit der TK telefoniert, sie haben mir die Lieferantenliste geschickt. Daraus habe ich ABENA ausgesucht und angerufen. Sie haben mir 3 Windeln zur Probe geschickt. Ich habe mich für eine Größe entschieden. Sie haben mir gleich gesagt, was und wie auf dem Rezept stehen soll, daraufhin musste ich wieder zum Arzt rennen 🙂 Dann habe ich das Rezept gesendet und eine kürze Nachricht per Hand geschrieben, das die Größe 5 am Besten gepasst hatte. Dann hat sich herausgestellt, dass Mikels Bedarf weit über die Pauschale der TK ist: 8-10 Windeln pro Tag. Die TK übernimmt 18 Euro pro Monat. Daraufhin hat die Firma einen Kostenveranschlag an die TK gemacht, die Kasse hat zugestimmt und 2 Tage später war die Lieferung da.

 

 

 

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Leistungen der Lebenshilfe – Auf einen Blick

Die Kosten für alle unten genannten Betreuungsangebote können über die Verhinderungspflege oder die allgemeinen Betreuungsleistungen abgerechnet werden. Auf die Eltern kommen nur die Sachkosten zu, diese können, je nach Krankenkasse, aber auch als betreuungsbedingter Aufwand der Kasse in Rechnung gestellt werden.

  • „Die Lebenshilfe bietet Einzelassistenz zu flexiblen Zeiten von pädagogisch vorgebildeten Personen an (Studium der Pädagogik, Pädagogen oder Menschen mit mindestens einem Jahr Erfahrung mit Menschen mit Behinderung). Diese Personen werden von uns vermittelt und auch bezahlt, sie erhalten von uns eine Rechnung zur Abrechnung mit der Krankenkasse. Einzelassistenz geht schon ab einem Alter von 0 Jahren, nach oben offen. Einzelassistenz findet zuhause bei den Familien statt oder die Kinder werden zuhause abgeholt. Kosten sind 21,36€/h“

Yolanda: Zu uns kommt seit zwei Jahren eine Sozialpädagogik-Studentin einmal pro Woche 1,5 Std. und macht mit Mikel, was ich als „logopädische Spielstunde“ nenne. Ich weise sie in die Übungen aus der Logopädie, Ergotherapie oder Physiotherapie ein und sie macht das mit Mikel. Ohne Druck, spielerisch. Am Anfang habe ich sie zu einem oder zwei Terminen mitgenommen, damit sie sich, wie die Therapeuten mit Mikel umgehen. Ab und zu macht sie auch reines Baby-Sitten, um uns zu entlasten. Die Lebenshilfe schickt uns monatlich eine Rechnung, wir unterschreiben diese und schicken sie weiter an die Krankenkasse. Die Kasse gleicht die Rechnung direkt mit der Lebenshilfe an. Wir zahlen nur den Umschlag und die Briefmarken. Bisher haben wir die diese Leistungen über die Verhinderungspflege finanziert (ca. 1600 €/Jahr). Dank der Lebenshilfe haben wir nun Anspruch auf die erweiterte Betreuungsleistungen (208€/Monat) bekommen und nutzen sie dafür.

  • „Wir bieten Gruppenangebote montags oder freitags (je nach schulfreiem Nachmittag der Kinder an der Linden- oder Kirnbachschule) finden von 13.20-15.20 Uhr, bzw. Freitags von 12.00-15.30 Uhr statt. Wir machen kleine Ausflüge, Bastelangebote, Bildungsangebote…dies kostet 50€/Monat. Wir holen die Kinder von der Schule ab und bringen sie nach dem Angebot auch wieder nachhause. Dieses Angebot ist für Kinder ab der 1. Klasse.“
  • „Darüber hinaus machen wir Spaß am Vormittag, dieser findet am Samstagvormittag statt von 10.00-12.30 Uhr und ist für Kinder von 6-10 Jahre und hat immer ein bestimmtes Thema (Kekse backen, Schwimmbad…). Dieses Angebot kostet 10€/Termin.“
  • „Am selben Tag nachmittags findet Samstagstreff statt von 14.00-18.00 Uhr und hat auch ein bestimmtes Thema, dieses ist für Kinder ab 11 Jahre und kostet 20€/Termin.“
  • „An Wochenenden bieten wir Wochenendreisen mit Übernachtung von Freitagnachmittag bis Sonntagabend an (2,5 Tage) in die nähere Umgebung von Tübingen. Kosten sind von Wochenende zu Wochenende teilweise verschieden und abhängig vom Ort der Wochenendfreizeit. Die Kosten teilen sich auf in Betreuungskosten und Sachkosten (Unterkunft, Verpflegung, Programm). Die Sachkosten sind eine Selbstzahlerleistung. Die Wochenenden sind ab 6 Jahre.“
  • „In der Woche nach Ostern (1 Woche) und in den Sommerferien (1 oder 2 Wochen, je nach Wahl) bieten wir eine Ferienfreizeit an. Auch hier sind die Kosten unterschiedlich, teilen sich auch in Sachkosten und Betreuungskosten auf. Sachkosten sind wiederum Selbstzahlerleistung.“
  • In den Pfingst-, Sommer- und Herbstferien bieten wir Tagesfreizeiten für Kinder von 6-14 Jahren an, 5 Tage, täglich von 10-16 Uhr. Auch hier sind die Kosten unterschiedlich, aufgeteilt in Sach- und Betreuungskosten.“
  • Außerdem kann man bei uns auch die halbjährlich fälligen Pflegeberatungsgespräche machen und auch sonstige Beratungsgespräche in Anspruch nehmen (z.B. kann man einen Antrag auf Familienunterstützenden Dienst stellen, wenn die vorhandenen Gelder der Pflegekasse nicht ausreichen, um den Bedarf an Betreuung zu decken, bei diesem Antrag helfen wir auch, oder auch bei sonstigen Fragen, die im Alltag mit dem Kind mit Behinderung auftreten).“

Zur Einstufung ab 2017 in die Pflegegrade kann man momentan nur sagen: nix ist fix! Es wird hierzu einen Elterninformationsabend in der Lebenshilfe geben.

Wenn jemand Interesse an dem Infoabend hat, soll die-/derjenige sich einfach bei mir direkt melden:

Sina Papst, Friedrich-Dannenmann-Str. 69, 72070 Tübingen, sina.papst@lebenshilfe-tuebingen.de, 07071-944060

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Neues Einstufungssystem bei der Pflegeversicherung

Hallo zusammen!

Beim lezten Brunch habe ich Notizen gemacht, die lange rumlagen. Es ging um ein neues Einstufungssystem bei der Pflegeversicherung ab 2017. Es verändert sich ziemlich viel und wir Familien werden aufpassen müssen, dass wir nicht dadurch benachteiligt werden.Ich habe mir folgendes notiert:

  1. Es wird eine befristete Übergangszeit, wo die Familien eine neue Begutachtung (z.B. mit der Hilfe der Lebenshilfe) machen lassen können, und zwar ohne Risiko, dass das Ergebnis schlechter ist als davor. Nach dieser Übergangszeit besteht dieses Risiko einer Zurückstufung wie sonst weiter.
  2. Es ist sehr von Vorteil, bevor man die Begutachtung macht, ein Pflegetagebuch über mindestens eine Woche zu erfassen. Sowieso sollte man die Lebenshilfe (oder ein anderer Träger) davor zur Beratung zur Seite holen und das ganze mit ihnen machen.

Ich kann auch empfehlen, bei der Lebenshilfe bzw. einen anderen Träger (z.B. Freundeskreis Mensch) in Verein einzutretten, denn dann man bekommt Benachrichtigungen bei wichtigen Themen wie diese.